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Kapitel 71 – Sorgen und Axton Cryl

 

 

 

Ein Mann in einem Laborkittel beugte sich über einen Jungen, der er gerade in das Bett legte und seinen Oberkörper frei machte. Er war gerade dabei den Verband, der um seinen Oberkörper gewickelt war, abzunehmen. Dann nahm er ein Glas mit einer grünen, zähen Masse darin aus einem Regal. Er öffnete den Verschluss, holte etwas der zähen Masse daraus hervor und schmierte sie auf die Brust des Jungen.

 

„Wer sind Sie?“, fragte eine Frau, die sich in dem zweiten Bett, das neben dem des Jungen stand, aufrichtete.

 

„Mein Name ist Axton Cryl“, antwortete der Mann, der seine Brille mit dickem Rahmen auf seiner Nase nach oben schob.

 

Er beachtete die Frau nicht weiter, sondern kümmerte sich wieder um den Jungen. Aus dem Regal, das neben dem Bett stand, holte er einen Verband heraus und wickelte diesen wieder um die Brust des Jungen.

 

„Haben sie uns etwa gerettet?“, murmelte die Frau, während sie sich durch ihre schwarzen Haare fuhr. Sie sah sich um. „Wo sind die anderen?“

 

„Sie sind in meiner Küche und essen etwas“, erklärte Axton Cryl knapp.

 

Die Frau stand auf und musste erst ihr Gleichgewicht wieder finden.

 

„Das sind die Nachwirkungen der Medikamente, sei vorsichtig“, bat Axton und holte eine kleine Flasche mit einer blauen Flüssigkeit aus dem Schrank. Dann träufelte er etwas davon auf die Lippen des Jungen.

 

Die Frau taumelte etwas unsicher auf den Beinen in die Küche. Sie schob die Schiebetür aus leichtem Holz beiseite und starrte auf den Tisch, auf dem viel zu Essen stand. An dem Tisch saßen ihre Freunde.

 

„Hi, Matra. Na, auch aufgewacht?“, begrüßte sie Denji.

 

„Morgen“, brummte sie und setzte sich.

 

„Es ist schon später Nachmittag. Nun ja. Willst du nicht auch etwas essen? Es ist wichtig, dass wir wieder Nahrung zu uns nehmen, nach dem, was passiert ist“, erklärte Jumon, der in ein Buch starrte.

 

Matra sah sich um.

 

„Iss was, Matra!“, begrüßte sie Tsuru mit einem Grinsen im Gesicht, „Hier, das habe ich für dich gemacht!“

 

Tsuru gab Matra einen Teller mit Früchten und Broten.

 

„Danke“, bedankte sich Matra, die die Situation immer noch nicht verstand.

 

Kûosa wollte gerade eines der Brötchen von ihrem Teller stehlen, als Tsuru ihn einen Klaps auf die Pfoten gab. „Nein, Kûosa, das ist Matras Teller!“

 

Kûosa schmollte und drehte sich auf seinem Stuhl zur Seite, sodass er Myu beobachten konnte, die in der Ecke lag und etwas Milch trank.

 

„Was, was ist eigentlich passiert?“, fragte Matra ohne etwas von dem Essen anzufassen.

 

„Du weißt noch, dass wir abgestürzt sind?“, meinte Denji.

 

Matra nickte. „Und dann?“

 

„Der Kerl, Axton Cryl ist sein Name. Er hat uns gerettet“, erklärte Denji.

 

Matra sah sich um.

 

„Wo sind Sayoko und Shiana abgeblieben?“, wunderte sie sich.

 

Tsuru sah traurig auf den Boden. Denji wandte seinen Blick auch ab. Jumon schlug sein Buch zu und legte es auf den Tisch. Erst jetzt bemerkte Matra, dass er einen Verband um die Stirn trug.

 

„Sayoko und Shiana... sie sind...“

 

„Sie sind was!?“, schnaufte Ginta, der plötzlich im Türrahmen stand.

 

„Ginta...“, murmelte Matra und drehte ihren Kopf in Richtung Tür.

 

„Ginta...“, setzte Jumon an, musste dann jedoch inne halten, „Sie sind nicht hier...“

 

Es fiel Jumon schwer, das zu sagen.

 

„Was soll das heißen, sie sind nicht hier!?“, brüllte Ginta.

 

„Ich habe nur euch aus dem Wasser fischen können“, erklärte Axton Cryl, der eine Hand auf Gintas Schulter setzte.

 

Ginta drehte sich und schob die Hand auf seiner Schulter weg.

 

„Wie, du konntest sie nicht retten!?“, brüllte Ginta.

 

„Ginta, beruhige dich“, bat Jumon.

 

„Ich will mich aber nicht beruhigen! Ich will wissen, wo Sayoko und Shiana stecken!“

 

„Hör zu, Junge. Deine zwei Freundinnen waren nicht im Wasser! Ich konnte sie nicht retten“, erklärte Axton Cryl.

 

„Wer sind Sie überhaupt?“, schnaufte Ginta.

 

„Beruhige dich“, sagte Denji der aufstand um Ginta zu einem Stuhl zu führen, „Setz dich erstmal.“

 

„Als ihr vom Himmel gestürzt seit“, erklärte Axton, „habe ich euch mithilfe meines Unterwasserbootes gerettet. Mein Name ist Axton Cryl. Ich bin Künstler und Wissenschaftler und war gerade auf der Erkundungstour durch das Meer um mein neuestes Modell des Unterwasserbootes zu testen. Als ihr ins Wasser gestürzt seid, habe ich euch so schnell wie es nur ging, gerettet. Dann brachte ich euch hier her. Und diese zwei Mädchen, die du erwähnt hast... Ich fand sie einfach nicht. Selbst nicht, nachdem ich ein zweites Mal ins Meer fuhr.“

 

„Was passierte eigentlich mit Fenya?“, hakte Jumon neugierig nach.

 

„Ich habe sie auch aus dem Wasser gefischt. Überraschenderweise war sie jedoch so fit, dass sie sich sofort aufmachte, nachdem ich sie ans Festland brachte, um in die nächste Stadt zu kommen, wo sie nach Hilfe fragen wollte. Die Trümmer des Luftschiffes müssen beseitigt werden und einige ihrer Männer müssen auch noch gerettet werden.“

 

Ginta schlug mit seiner Hand auf den Tisch und stand auf um aus dem Raum zu gehen.

 

„Ginta...“, sagte Denji, der kurz inne hielt um zu überlegen, ob er ihm nachlaufen sollte.

 

„Lass ihn ruhig gehen“, meinte Jumon. Er seufzte.

 

Matra stand ebenfalls auf, ohne etwas zu sagen und folgte Ginta.

 

„Was machen wir jetzt? Werden wir nach Shiana und Sayoko suchen?“, fragte Tsuru, die bis dahin still geblieben war.

 

„Wenn wir das wüssten“, murmelte Jumon.

 

„Natürlich sollten wir nach den Beiden suchen... Aber wo?“, wunderte sich Denji.

 

Axton Cryl seufzte. Er strich sich eine seiner langen, roten Haarsträhnen aus dem Gesicht.

 

„Leider kann ich euch auch nicht helfen“, entschuldigte er sich.

 

 

 

Mittlerweile lief Ginta durch eine große Halle des Gebäudes. Matra lief ihm schnellen Schrittes hinterher. Sie sprach zunächst nicht und folgte Ginta einfach.

 

Diese Halle war zur einen Seite hin offen. Dort war Wasser und durch eine Art Höhleneingang konnte man hinaus aufs Meer sehen. Es führte ein kleiner Steg zum Wasser, in dem das geschlossene Boot schwamm. Auf der gegenüberliegenden Seite war eine Wand, an der, in den prächtigsten Blautönen gemalt, Bilder hingen.

 

„Was das nur für ein Kerl ist?“, sprach Matra mehr zu sich selbst.

 

Ginta lief auf den Steg. Seine Schritte wurden immer schneller. Er hielt sich die Brust, sie schmerzte.

 

„Ginta...“, murmelte Matra, die sich mehr Sorgen machte.

 

Doch Ginta antwortete nicht. Er zielte direkt aufs Wasser und war gerade dabei hineinzuspringen, als Matra ihn noch rechtzeitig festhalten konnte.

 

„Halt! Was wird das!?“

 

„Ich versuche nur Sayoko und Shiana zu finden!“, verteidigte sich Ginta, in dessen Augen sich schon Tränen bildeten.

 

„Aber doch nicht allein, spinnst du etwa!?“, brüllte Matra und riss Ginta vom Wasser weg.

 

„Aber...!“, Gintas Stimme blieb plötzlich weg.

 

„Ist gut“, meinte Matra und drückte mit ihrer Hand auf Gintas Schulter, sodass er sich setzte. Dann setzte sie sich vor ihn.

 

„Wir werden sie schon finden...“, versicherte Matra ihm.

 

„Wie kannst du das wissen!? Vielleicht sind sie dort draußen im Wasser und sind verletzt, können sich kaum noch über Wasser halten... Wer weiß was mit ihnen passiert ist!“, brüllte Ginta und war gerade dabei wieder aufzustehen um ins Wasser zu springen.

 

„Beruhige dich endlich mal!“, schrie Matra, deren Stimme einen weinerlichen Ton annahm.

 

Als Ginta aber nicht hörte und aufstand, packte sie seinen Arm, zog ihn wieder zu Boden und gab ihm mit ihrer anderen Hand eine Ohrfeige.

 

„Ich mag die zwei doch auch! Und jetzt setz dich. Wenn du unüberlegt handelst schadest du nur allen!“

 

„Matra...“, stammelte Ginta und hielt sich mit einer Hand die vor Schmerz pochende Wange.

 

„Wir finden sie schon irgendwie. Mach dir darüber keine Sorgen...“

 

„Ich wusste gar nicht, dass du sie so magst...“, wiederholte Ginta den Gedanken überrascht.

 

„Weißt du, in den vielen Nächten in denen wir zusammen in den Zimmern übernachtet hatten, konnten wir uns besser kennenlernen“, gab Matra zu, „Ihr alle seid doch netter, als ich euch anfangs noch gehalten habe.“

 

„Das... freut mich zu hören“, nuschelte Ginta.

 

„Hör zu, Ginta. Wenn wir zusammenhalten und sie suchen werden, dann finden wir sie schon. Da bin ich sicher.“

 

Ginta atmete einmal tief ein und wieder aus. Dann bedankte er sich.

 

„Wenn wir diesen Herren, der uns gerettet hat, bitten uns zu helfen, können wir sie finden“, erklärte Matra und stand auf. Dann schlenderte sie zu den Gemälden, die an der Wand hingen.

 

„Sollten wir ihn nicht sofort fragen?“, hakte Ginta nach.

 

Matra gab keine Antworte. Sie seufzte leicht.

 

Sie beugte sich zu einem der Bilder und sah eine Unterschrift: A. Cryl.

 

„Er hat das also gemalt“, stellte sie fest.

 

„Ja, das habe ich gemalt“, erklärte Axton Cryl, der in diesem Moment in die Halle kam. „Die Bilder sind entstanden, als ich meine ersten Tauchversuche in einem See gemacht habe.“

 

„Ein See?“, wunderte sich Ginta und dachte nach. „Nicht weit von hier?“

 

„Ja, das ist vielleicht ein Tagesmarsch. Leider ging der Versuch in die Hose und ich musste mein erstes Schiff auf dem Grund des Sees zurücklassen.“

 

Axton legte seine Stirn in die aufgestützte Hand und trauerte kurz seinem Schiff nach.

 

„War das also Ihr Schiff? Mhh...“, murmelte Ginta, sodass er nicht gehört wurde.

 

„Was sind denn das für Schiffe?“, erkundigte sich Matra.

 

„Das sind spezielle Unterwasserschiffe. Eine neueste Entwicklung von mir. Sie können in die Tiefen des Meeres eintauchen. Wollte ihr nicht einmal mitkommen?“

 

„In Wirklichkeit...“, fing Matra an, wurde jedoch dann von Ginta unterbrochen.

 

„Wir würden Sie gerne fragen, ob Sie uns nicht einmal aufs Meer bringen könnten, um nach Shiana und Sayoko zu suchen!“, stieß es aus Ginta, der sich bittend verbeugte.

 

Axton Cryl fuhr sich durch seine roten, schulterlangen Haare und lachte herzhaft.

 

„Natürlich kann ich euch mitnehmen, um nach euren Freunden zu suchen! Aber versprechen, dass wir sie finden, das liegt nicht in meiner Macht. So Leid es mir auch tut...“, gestand Axton.

 

„Das ist wirklich nett von Ihnen! Und es tut mir Leid, dass ich Sie vorhin so angegriffen habe, das war nicht meine Absicht“, entschuldigte sich Ginta.

 

Er war nun zur Ruhe gekommen. Matra hatte es irgendwie geschafft, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen und ihn zuversichtlich an das ganze herangehen zu lassen.

 

Das sollte wohl der Beginn einer engeren Freundschaft werden.

 

„Ist es in Ordnung, wenn wir erst morgen Früh abfahren? Es ist schon spät, die Meeresströmungen sind um diese Zeit besonders stark, das wäre zu riskant...“

 

„Aber...“, wollte Ginta einwenden.

 

„Das geht schon klar“, überzeugte Matra beide.

 

„Gut, ich zeige euch, wo ihr schlafen könnt. Kommt mit...“

 

 

Kapitel 72 – Shianas Traum

 

 

 

Shiana konnte die Situation beobachten, als schwebte sie unsichtbar in dem Raum. Jedoch konnte sie sich auch in die Person, die auf dem Bett lag,  hineinfühlen. Sie spürte alles, was diese junge Frau auch spürte.

 

 

 

Als die junge Frau, die von Shiana beobachtet wurde, zu sich kam, tastete sie erst einmal ihre Umgebung ab. Sie fühlte unter sich etwas Weiches. Es schien eine Matratze zu sein. Auf ihrem Körper lag eine dünne Decke aus einem Stoff, den sie noch nie zuvor gefühlt hatte.

 

Die Luft war feucht und warm. Es roch nach etwas Heißem zu trinken, etwa Tee?

 

Bevor sie ihre Augen öffnete, versuchte sie noch weiter zu fühlen, was sie umgab. Sie tastete ihre Seite auf der Suche nach einem Buch ab.

 

Plötzlich hörte sie Stimmen.

 

 

 

Shianas Blick schweifte hinüber zu einem kleinen Tisch, an dem zwei Personen saßen.

 

 

 

„Sie ist wohl wach“, sagte ein Junge.

 

„Mh“, gab eine Frau bejahend von sich.

 

Die junge Frau öffnete langsam die Augen und blinzelte mehrmals, als sie von einer Laterne, die über ihr hing, geblendet wurde.

 

„Wo … Wo bin ich?“, murmelte sie und setzte sich langsam auf sich.

 

 

 

Shiana erkannte nun, wer das Mädchen war. Es war sie selbst. Aber was sollte das?

 

 

 

„Du bist endlich zu dir gekommen“, fing die Frau, die am Tisch saß, an zu erzählen. „Wir haben dich auf unserem Weg aufgegabelt. Du lagst bewusstlos auf dem Boden, also haben wir dich mit zu uns genommen. Wie heißt du?“

 

„Mein Name … Das ist das Einzige, woran ich mich noch erinnern kann …“

 

 

 

„Shiana“, flüsterte Shiana , als wollte sie sich selbst helfen.

 

 

 

„Mein Name ist Shiana. Shiana Aroya.“

 

„Nett dich kennenzulernen“, sagte der Junge. „Mein Name ist Genis. Und das hier ist Raine, meine große Schwester.“

 

„Wie bist du in unser Dorf gekommen, Shiana?“, hakte Raine nach.

 

Raine war eine junge Frau, so um die Mitte Zwanzig. Sie hatte silbernes, kinnlanges Haar und eisblaue Augen. Der Junge, der neben ihr saß, hatte weißes Haar, das nur etwas länger war als das der Frau. Wie alt konnte der Junge nur sein? Shiana schätzte den Jungen auf ungefähr fünfzehn Jahre.

 

„Ich weiß es nicht mehr ...“, murmelte Shiana und tastete ihre Umgebung wieder ab.

 

„Was suchst du?“, fragte Genis, der aufstand und sich über das Bett beugte.

 

„Ich suche mein Buch.“

 

„Was für ein Buch?“

 

„Mein Tagebuch“, antwortete Shiana und sah verzweifelt aus.

 

„Das hier?“, bemerkte Raine und überreichte Shiana ein kleines Buch mit blauem Einband. Ein schönes Muster zierte den oberen Deckel.

 

„Vielen Dank“, bedankte sich Shiana und öffnete es.

 

 

 

In diesem Moment fühlte sich Shiana komisch. Eine undefinierte Aura ging von diesem Buch aus. Dann  kroch ein schleichendes Gefühl ihr Bein entlang und im nächsten Augenblick wurde sie schon zu ihrem Selbst, welches sie die ganze Zeit schon beobachtete, hineingezogen. Nun schwebte sie nicht mehr im Raum, sondern konnte den Traum aus dem Inneren ihres Ichs verfolgen.

 

 

 

Shiana blätterte durch ihr Tagebuch. Einige Seiten waren nicht beschriftet. Jedoch fand sie auf der ersten Seite einen Hinweis.

 

„Tor der Welten“, las Shiana vor. Doch was meinte das Buch damit?

 

„Bist du sicher, dass das dein Tagebuch ist?“, bemerkte Genis der vorsichtig in das Buch hineinschielte.

 

Shiana nickte.

 

„Aber da steht doch gar nichts drin!“

 

„Es steht nie etwas darin“, sprach Shiana, obwohl sie nicht wusste, woher sie das nun wusste. „Es wartet darauf, dass ich etwas rein schreibe.“

 

„Und was musst du da reinschreiben?“, wunderte sich Genis.

 

Raine war die ganze Sache wohl auch nicht ganz klar und wartete gespannt auf Shianas Erklärungen. Doch sie zuckte nur mit den Schultern.

 

„Das weiß ich nie.“

 

„Aber wie kannst du ein Buch haben, in das du etwas reinschreiben musst, aber nicht weißt, was du reinschreiben musst?“, wunderte sich Genis.

 

Shiana zuckte wieder nur mit den Schultern.

 

„Was meint das Buch mit ‚Tor der Welten‘?“, murmelte Raine fraglich.

 

„Seit die Welten wieder vereint sind, spielt das Tor der Welten doch keine Rolle mehr, oder?“, fragte Genis neugierig.

 

„Das ist eine gute Frage. Vielleicht spielt es trotzdem noch eine wichtige Rolle.“

 

„Anscheinend schon“, bemerkte Genis.

 

„Vielleicht musst du in das Buch die Antwort auf die Fragen schreiben, die gerade aufkommen.“

 

„Welche Fragen?“, wunderte sich Shiana.

 

„Was das Tor der Welten noch für eine Funktion hat“, sagte Genis und hob dabei erklärend seinen rechten Zeigefinger.

 

„Zum Beispiel“, erwiderte seine Schwester. „Oder du musst beschreiben, wie du zum Tor der Welten kommst.“

 

„Stimmt“, stellte Genis fest. „Seitdem die Welten wieder vereint sind, wurden einige Orte verschoben, sind verschwunden oder es entstanden ganz neue Landschaften.“

 

Raine ging zu einem ihrer Regale, die mit Büchern und Notizen vollgestopft waren, kramte davon einiges heraus und packte sie in eine Tasche.

 

„Was machst du da, Raine?“, wunderte sich Genis.

 

„Ich packe. Wir machen uns jetzt auf die Reise zum Tor der Welten.“

 

„Wir?“, hakte Genis nach.

 

„Ja, Shiana, du und ich. Ganz einfach. Ich muss das herausfinden!“

 

„Aber ...“, wollte Shiana einwenden, doch Genis unterbrach sie.

 

„Wenn sich Raine einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kannst du sie nicht mehr aufhalten.“

 

Er lachte und grinste sie an.

 

 

 

Nun wurde Shianas Sichtfeld verschwommen. Sie sah Genis und Raine kaum mehr und alles schmolz zu einem grauen Nebel zusammen. Sie hörte ihr Atmen und versuchte sich zu drehen, um etwas zu sehen. Langsam klärte sich der Blick wieder und sie bemerkte, dass sie in einer riesigen Halle schwebte. Raine, Genis und Shiana standen vor einem Mann mit langen, blauen Haaren, der ihnen wohl etwas erklärte. Shiana versuchte genauer hinzuhören.

 

 

 

„Hier, mit dieser Kontrollapparatur könnt ihr die neuen Rheairds bedienen. Viel Spaß damit“, sagte der Mann.

 

„Danke, Yuan. Nett von dir, dass du sie uns ausleihst“, bedankte sich Raine und steckte die Geräte in ihre Tasche.

 

„Ach. Nicht der Rede wert. Wir haben gerade sowieso nicht viel zu tun.“

 

„Zum Glück, nicht wahr?“, grinste Genis.

 

„Ja, zum Glück“, lachte Yuan. „Wohin soll es denn eigentlich gehen?“

 

„Wir wollen zuerst nach Sybak, in die Bibliothek. Wir müssen erst noch einige Nachforschungen anstellen, bevor wir erkunden, wohin das Tor der Welten verschwunden ist.“

 

„Wegen der Sache, verstehe schon“, murmelte Yuan und musterte Shiana.

 

„Wie ich es dir eben vorhin beschrieben habe“, meinte Raine. „Gut, wir müssen dann los. Man sieht sich, Yuan.“

 

„Wünsch uns Glück“, verabschiedete sich auch Genis.

 

„Vielen Dank“, bedankte sich Shiana und verbeugte sich. Dann folgte sie Raine und Genis.

 

 

 

Shianas Sicht wurde wieder trüber. Was träumte sie denn da? Wer waren Raine, Genis und dieser Yuan? Was war das für eine Welt? War das eine Zukunftsvision?

 

Im nächsten Augenblick stand sie in einer Bibliothek an ein Regal gelehnt. Sie konnte auf Raine, Genis und ihr Ich blicken, die an einem Tisch saßen, umgeben von Stapeln dicker Bücher.

 

 

 

„Jetzt weiß ich es wieder!“, schoss es aus Genis in einer Lautstärke, die Raine aus ihrer konzentrierten Arbeit riss. Auch Shiana erschrak.

 

„Das Tor der Welten ... Wir wurden dort damals ausgesetzt, richtig? Die Geschichte habe ich ganz vergessen. Deswegen bist du so verpicht darauf, Shiana zu helfen. Denkst du etwa, wir kommen auch aus einer anderen Welt?“

 

„Genis ... ich ...“, murmelte Raine.

 

„Es tut mir schrecklich leid“, entschuldigte sich Shiana. „Ich will euch keine Umstände machen. Ich glaube, ich gehe besser.“

 

Sie stand auf und wollte gerade gehen, als Raine sie aufhielt.

 

„Warte, Shiana. Es ist nicht deswegen, Genis.“

 

„Wegen was dann?“

 

„Damals, auf unserer Reise hatte ich keine Gelegenheit richtig nachzuforschen, was es damit auf sich hat. Und dadurch, dass die Welten nun vereint sind, muss sich doch etwas geändert haben, richtig? Ich will einfach dem Geheimnis auf die Schliche kommen“, erklärte Raine und lag eines der Bücher beiseite. „Ich glaube, ich habe genug gelesen. Wir sollten uns langsam auf die Suche machen.“

 

 

 

Shianas Blickfeld verdunkelte sich wieder. Diesmal fühlte sich ihr Körper auch leichter an als sonst. Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Dann schloss sie ihre Augen und streckte ihre Arme aus. Es fühlte sich an, als würde sie fliegen. Ein sanfter Wind strich ihr über die Haut und die Luft wurde spürbar feuchter. Shiana bemerkte das Mondlicht, das auf sie schien und allmählich öffnete sie wieder ihre Augen und sah sich um.

 

Shiana schwebte über einer Wiese. Es war Nacht und der Wind wehte die bauschigen Wolken über den Sternenhimmel. Wieder einmal konnte sie ihr Ich beobachten.

 

 

 

Shiana, Raine und Genis näherten sich auf der Wiese langsam einem großen Steingebilde. Im Zentrum stand ein riesiger Fels, der von mehreren kleineren Felsen umgeben war.

 

„Sind wir also endlich da“, gab Raine erschöpft von sich und ließ ihre Tasche auf den Boden sinken.

 

„Ich hätte nie erwartet, dass das Tor der Welten nach der Welterneuerung nicht verschwunden ist“, meinte Genis und nahm einen großen Schluck Wasser aus einer Flasche.

 

„Hier ist es“, erklärte Raine als sie sich zu Shiana wandte. „Das Tor der Welten, das in deinem Buch erwähnt wurde.“

 

Shiana sah bedrückt zu Boden.

 

„Ihr habt schon viel so viel für mich getan“, murmelte sie leise.

 

„Nicht der Rede wert“, lachte Genis. „Ich bin ja mal gespannt, was jetzt passiert ...“

 

Shiana umklammerte ihr Tagebuch fest. War es jetzt so weit? Würde sie nun die Antwort auf die Fragen erhalten?

 

„Also, so wie wir in Sybak erfahren haben, ist das ... nein, war das Tor der Welten zwar der Durchgang nach Sylvarant, aber bevor die Welten geteilt wurden, konnte man damit auch andere Welten besuchen“, las Raine aus ihren Notizen, die sie in Sybak gemacht hatte.

 

„Vielleicht ist das ja deine Aufgabe: In eine andere Welt reisen und Abenteuer erleben!“, grübelte Genis.

 

Shiana nickte zögernd. „Ja, vielleicht“, sagte sie leise.

 

„Bist du dir sicher, dass du nicht hier bleiben willst?“, fragte Raine, um noch einmal sicher zu gehen. „Du kannst auch bei uns wohnen, bis du etwas für dich findest.“

 

„Aber wenn ich es nicht versuche, erhalte ich nie eine Antwort auf meine Fragen. Wieso ich hier bin und wieso ich zum Tor der Welten muss“, antwortete Shiana und schlug ihr Tagebuch auf der ersten Seite auf.

 

„Was hast du eigentlich rein geschrieben?“, hakte Genis nach, der vor Neugier fast platzte.

 

„Ich habe hineingeschrieben, dass mir meine neuen zwei Freunde, Genis und Raine dabei geholfen haben, das Tor der Welten zu finden.“

 

„Da fühlt man sich gleich geehrt“, bedankte sich Raine und lächelte.

 

„Danke, Shiana!“, rief Genis begeistert.

 

Raine brachte die beiden dann aber wieder auf den Boden der Tatsachen. „Es ist so weit.“

 

Der volle Mond tauchte hinter einer Wolke auf; sein Licht fiel auf die drei Steinsäulen, die in der Mitte der kleinen Insel standen. Ein grün leuchtendes Muster breitete sich auf den Säulen aus und zwischen ihnen bildete sich ein dunkles, schwarzes Loch.

 

„Das ist das Portal“, erläuterte Raine und zeigte auf das dunkle Loch. „Da musst du durch ...“

 

„Danke für eure Hilfe“, bedankte sich Shiana, ging einen Schritt nach vorne und drehte sich dann wieder zu ihren neuen Freunden um.

 

„Nicht der Rede wert“, wiederholte sich Genis und verschränkte grinsend seine Arme hinter seinem Kopf.

 

„Bist du dir wirklich sicher, dass du das machen willst?“, gab Raine besorgt von sich.

 

„Meine Entscheidung steht fest, schon seit wir in der Bibliothek waren“, meinte Shiana und wandte sich zum Tor der Welten.

 

„Auf Wiedersehen“, verabschiedete sie sich und ging langsam auf die Felsen zu.

 

„Ich hoffe, man sieht sich wieder“, flüsterte Raine, sodass es Shiana nicht hören konnte.

 

„Wieso?“, wunderte sich Genis.

 

„Man kann durch das Tor der Welten nur einmal schreiten“, antwortete Raine leise.

 

Im nächsten Augenblick gab es einen starken Lichtblitz.

 

 

 

Shiana kniff die Augen zu und öffnete sie im nächsten Moment wieder, als sie sich sicher war, dass sie etwas sehen konnte. Sie hielt ihr Buch in der Hand. Langsam öffnete sie die erste Seite.

 

„Ginta Sabekaze“, las sie vor. Sie blätterte weiter und entdeckte, dass die Seiten ihres Buches leer waren.

 

 

 

Sie schreckte aus ihrem Traum auf. Sie versuchte sich zu bewegen, merkte aber, dass ihre Arme taub waren und dass sie ihre Beine auch nicht bewegen konnte. Das Licht war schwach und sie sah sich um.

 

Sie merkte, dass sie gefesselt auf einem Stuhl saß. Neben ihr saß die ebenfalls gefesselte Sayoko. Schnaufend blickte sie wieder um sich. Wo war sie nur und wo steckte ihr Tagebuch?

 

Kapitel 73 – Shianas und Sayokos Befreiung

 

 

 

An einem Strand schleppten drei Männer in schwarzen Klamotten, die vor Nässe nur so trieften, zwei junge Frauen ans Land.

 

„Meine Güte, die eine ist ja schwer!“, brummte der Kleinste unter den Männern.

 

„Tja, selber Schuld“, murmelte der Andere, der die blauhaarige Frau schon über die Schulter genommen hatte.

 

„Ich helfe dir“, sagte ein anderer, der seine Kapuze tief ins Gesicht zog. „Passt auf, dass den Mädchen nichts passiert. Ich möchte sicher gehen, dass sie uns alles erzählen.“

 

„Geht klar, Boss“, sagte der kleinste der drei Männer.

 

„Ich möchte, dass ihr sie ins Lager schafft, klar? Beeilt euch, ich komme dann rechtzeitig nach.“

 

So verabschiedete sich der dritte Mann und ging.

 

„Hast du nicht auch manchmal das Gefühl“, fing der kleine Mann an, „dass unser Boss irgendwelche geheimen Pläne schmiedet? Ich meine, so kalt wie er manchmal zu uns ist. Dann kommt noch diese Geheimniskrämerei ständig dazu.“

 

„Kann sein“, brummte der Andere. „Und wenn auch. Das ist mir egal! Bringen wir die Mädchen endlich ins Lager.“

 

 

 

Es dauerte nicht lange, da kamen die zwei Shal auch schon in einem Lager an, setzten die bewusstlosen Frauen auf Stühle und fesselten sie.

 

Die Männer ließen die jungen Frauen alleine.

 

 

 

Die Zeit verflog und die Frauen wachten nicht auf.  Sie bekamen Besuch von Leuten, die sie kannten. Und sie wurden auch einmal von dem Boss, der sie auch aus dem Wasser gezogen hatte, besucht.

 

Er war alleine gekommen.

 

„Oh, was tätet ihr nur ohne mich, Shiana und Sayoko“, murmelte dieser und nahm für einen Moment seine Kapuze ab. Es war Riven Kire.

 

„Seid froh, dass ich euch gerettet habe. Hoffentlich habt ihr nichts dagegen, dass ihr gefesselt seid. Aber es geht nunmal nicht anders. Sonst schöpfen sie verdacht.“

 

Riven fuhr mit seiner Hand über die Wange von Shiana und hob ihr Kinn. Dabei öffnete sich ihr Mund und Riven warf ihr eine kleine Pille ein. Das gleiche tat er auch bei Sayoko.

 

„Das müsste euch helfen. Nun ja, ich muss jetzt wieder gehen. Man sieht sich vielleicht später“, verabschiedete er sich, zog sich wieder die Kapuze über den Kopf und ging.

 

 

 

Einige Zeit später gab Shiana Regungen von sich.

 

Langsam erlangte sie wieder an Bewusstsein. Sie blinzelte und sah sich um. Zunächst musste sie sich zurechtfinden. Dann erkannte sie, dass sie gefesselt auf einem Stuhl saß und das Sayoko ebenfalls gefesselt neben ihr saß.

 

„Wo bin ich hier“, murmelte sie. „Wo ist mein Tagebuch? Sayoko, psst, Sayoko!“, flüsterte Shiana so laut wie sie nur konnte.

 

„Mh...“, gab Sayoko müde von sich, „Was ist los?“

 

„Wir sind gefangen...“, erklärte Shiana und versuchte sich durch Bewegen ihrer Arme zu befreien. Doch es klappte nicht wirklich.

 

„Der Kampf!“, gab Sayoko erschrocken von sich. Sie erinnerte sich wohl an das Geschehene. „Wo sind Ginta und die Anderen?“

 

„Ich weiß es nicht“, gab Shiana schnaufend von sich, die sich versuchte mit aller Gewalt aus ihren Fesseln zu lösen.

 

„Warte“, gab Sayoko von sich und konzentrierte sich. Sie hatte in ihrem Ärmel doch ein Messer versteckt. Mit Rucken löste es sich aus der Halterung und rutschte ihren Unterarm herunter, wodurch es sich nun in ihrer Hand befand. Jetzt musste sie nur noch versuchen, mit dem Messer die Seile zu durchschneiden.

 

Und schon klappte es!

 

Dann befreite sie ihre Füße von den Fesseln und machte sich dann daran Shiana zu helfen.

 

„Danke, Sayoko.“

 

„Keine Ursache.“

 

„Und jetzt?“, hakte Shiana nach, die etwas unsicher zu sein schien, was die Situation anging.

 

„Jetzt sollten wir die anderen suchen.“

 

„Sie sind nicht da...“, gab plötzlich eine männliche Stimme von sich.

 

„Wer ist da!?“, rief Sayoko und zückte ihren Dolch.

 

„Keine Sorge...“, beruhigte sie ein Mann in einem Shal-Outfit, der nun ins fahle Licht einer Laterne tritt.

 

„Wer bist du?“, fragte Sayoko und zog Shiana näher zu sich heran.

 

Als der Mann seine Kapuze abnahm, erkannten die Zwei das Lächeln eines alten Freundes.

 

„Ryoma!?“, erkannten Shiana und Sayoko.

 

„Schön euch wieder zu sehen“, begrüßte sie nun auch Oto, die hinter Ryoma auftauchte. Ama, der sich ebenfalls zeigte, winkte nur zur Begrüßung.

 

„Wir waren gerade in der Gegend und dachten, dass es angebracht wäre, euch zu befreien. Aber wie wir sehen, habt ihr das schon selbst gemacht“, erklärte Ryoma.

 

„Was macht ihr denn eigentlich hier?“, wollte Sayoko wissen, die auch noch darüber verwundert war, dass Oto und Ama hier aufgetaucht sind.

 

„Ach, das ist ganz einfach“, fing Oto an und erzählte ihnen die ganze Geschichte.

 

 

 

„So ist das also...“, murmelte Sayoko.

 

„Wo sind denn Ginta und die anderen?“, hakte Shiana nach.

 

„Sie sind nicht hier“, meinte Ryoma. „Also solltet ihr euch keine Sorgen machen.“

 

„Und was machen wir jetzt?“

 

„Wir sollten euch so schnell wie möglich hier rausschaffen“, schlug Ryoma vor. „Ist wohl die beste Idee.“

 

Sayoko und Shiana nickten. Dann machten sich die Fünf zusammen auf den Weg durch das Lager.

 

 

 

„Wo sind wir hier eigentlich genau?“, wollte Sayoko unbedingt wissen, denn seid dem Absturz konnte sie sich nicht daran erinnern, irgendwohin gereist zu sein.

 

„Wir sind hier in einem großen Lager in der Nähe des Meeres. Die Shal verstecken hier ihr Diebesgut und einiges an geheimen Dokumenten. Riven hat euch hier her gebracht, nachdem er mit euch abgestürzt ist“, erklärte Ryoma.

 

„Riven hat uns also gerettet?“, murmelte Sayoko. Stimmt! Sie erinnerte sich, wie sie mit ihm gegen die Shal gekämpft hat. „Dann sind wir ja wohl nicht weit gekommen“, stellte sie fest.

 

„Als wir auf Riven gestoßen sind, meinte er nur zu mir, dass er euch gerne woanders hingebracht hätte, aber durch seine momentanen Missionen wäre er nicht anders in der Lage gewesen.“

 

„Ich höre Schritte“, gab Ama ruhig von sich und hielt kurz inne um noch einmal sicher zu gehen.

 

„Da sind sie!“, brüllte einer der Shal, der plötzlich zusammen mit anderen hinter einem Regal auf den Gang sprang. „Haltet sie!“

 

Die Gruppe umfasste um die zwanzig Shal, die nun allesamt auf die Freunde losstürmten.

 

„Haben sie uns also doch erwischt!“, meinte Oto.

 

„Tja, so ist das! Aber jetzt können wir endlich mal wieder Shal vermöbeln“, lachte Ryoma und zog sein Schwert.

 

Ama nickte und griff nach seinem Speer, den er nun als Waffe bei sich hatte.

 

Oto stellte sich schützend vor Shiana. Sayoko zog ihren Dolch und stürmte zusammen mit Ryoma und Ama sofort auf die Gegner zu.

 

Das Klirren der aufeinandertreffenden Klingen hallte durch den Raum. Ryoma hielt fünf Schwertkämpfer gleichzeitig in Schach. Ama kämpfte erbarmungslos gegen einige andere Shal, von denen viele schon die Flucht ergriffen, weil sie merkten, wie stark die Freunde doch waren.

 

„Hier entlang!“, meinte Ryoma plötzlich und führte die anderen durch einige verschlungene Gänge. Eine kleinere Gruppe der Shal folgten ihnen noch, wurden dann aber teilweise von Ama und Sayoko ausgeschaltet.

 

Als Ryoma sicher war, dass sie nicht mehr verfolgt wurden, wollte er mit ihnen in Richtung Ausgang gehen.

 

„Halt!“, gab Shiana plötzlich von sich und blieb stehen.

 

„Was ist Shiana, wir müssen weiter!“, entgegnete Oto.

 

„Aber ich kann nicht weiter ohne mein Tagebuch!“

 

„Welches Tagebuch?“, wunderte sich Oto. „Du hattest doch nie eines dabei oder irre ich mich da?“

 

Oto sah fragend Sayoko an. Diese zuckte aber nur mit den Schultern.

 

„Du hattest wirklich nie ein Tagebuch dabei, Shiana“, gab sie zur Antwort.

 

„Aber...“, murmelte Shiana. Sie war geschockt. Hatte sie ihr Tagebuch wirklich verloren? Sie war doch sicher es immer bei sich zu tragen.

 

„Komm schon! Ich höre wieder Schritte“, forderte Sayoko und nahm Shianas Hand und zog sie mit sich.

 

Shiana bekam nicht mehr wirklich mit, was vor sich ging. Ihre Gedanken an ihr verlorenes Tagebuch verwirrten sie.

 

 

 

Als die Freunde endlich weit genug von dem Lager entfernt waren und sie sicher waren, dass keine Shal mehr hinter ihnen her waren, machten sie eine Pause.

 

„Endlich eine Pause“, gab Sayoko von sich und setzte sich unter einen Baum.

 

„Trinkt erstmal was, das ist wichtig“, meinte Oto und gab Sayoko eine Wasserflasche. Dann wollte sie auch Shiana eine Flasche geben, aber sie lehnte ab.

 

„Was ist denn los? Ist es wegen deinem Tagebuch?“, hakte Oto nach.

 

Shiana nickte zögernd. „Ich hatte es doch dabei, da bin ich ganz sicher...“, gab sie verwirrt von sich.

 

„Bist du dir wirklich sicher? Ich habe dich nie mit einem Tagebuch gesehen...“

 

„Mh“, gab Shiana von sich, setzte sich und kramte in ihrer Tasche herum.

 

Oto, die sich nun irgendwie ignoriert fühlte, ging wieder zu Sayoko.

 

„Hat es geschmeckt?“

 

„Japp. Vielen Dank, Oto“, gab Sayoko von sich und gab die Wasserflasche wieder zurück.

 

„Ich mache mir Sorgen um Shiana“, gab Oto von sich. „Sie scheint etwas verwirrt zu sein...“

 

„Vielleicht hat sie nur schlecht geträumt“, antwortete Sayoko. „Mach dir nicht so viele Sorgen, das wird schon wieder...“

 

„Oto“, sagte Ama, der ihr von hinten eine kurze Umarmung schenkte.

 

„Was ist denn?“, murmelte Oto.

 

„Wir sollten langsam weiter“, meinte er ruhig.

 

„Ginta und seine Freunde sind in einer Stadt in der Nähe von hier“, erklärte Ryoma. „Wenn wir uns beeilen, dann holen wir sie ein, bevor sie sich auf die weitere Reise begeben.“

 

„Gute Idee. Je schneller wir zu den anderen kommen, desto besser“, sagte Sayoko und stand auf.

 

Shiana war die Letzte, die auf der Wiese saß und immer noch ihre Tasche durchkramte.

 

„Es ist nicht da“, murmelte sie mit weinerlicher Stimme.

 

„Shiana“, sagte Sayoko und weckte sie so aus ihren Gedanken.

 

Shiana sah zu ihr hoch.

 

„Wir müssen weiter. Ginta und die Anderen warten auf uns.“

 

Shiana nickte, stand auf und folgte ihren Freunden, still und teilweise immer noch in Gedanken versunken. Wo konnte sie ihr Tagebuch nur vergessen haben?

 

Kapitel 74 – Suche

 

 

 

„Es hilft nichts...“, seufzte Ginta und ließ sich auf einen Stuhl in der Küche nieder.

 

„War die Suche wieder erfolglos?“, hakte Matra nach, die gerade dabei war Kaffee zu kochen.

 

„Wenn die Mädchen es geschafft haben, sich Treibholz oder ähnliches zu schnappen, dann wären sie schon längst sicher ans Festland gelangt“, erklärte Axton Cryl, „Ginta will mir nicht glauben, dass es keinen Sinn macht, das Meer weiterhin abzusuchen.“

 

„Und wenn sie es aber nicht geschafft haben?“, seufzte Ginta wieder und fuhr mit seiner Hand einmal über sein Gesicht.

 

„Was hälst du davon, wenn wir in die nächste Stadt gehen?“, meinte Jumon, der Zeitung lesend in den Raum kam.

 

Ginta seufzte wieder auf.

 

„Vielleicht finden wir dort Hilfe. Außerdem wissen Shiana und Sayoko nicht, dass wir hier sind. Wenn sie es an Land geschafft haben, dann würden sie sicherlich in die nächste Stadt gehen und dort auf uns warten.“

 

„Das macht Sinn, was Jumon erzählt“, gab Matra von sich und goss den fertigen Kaffee in Tassen. Dann stellte sie die Tassen auf den Tisch.

 

„Danke“, gab Jumon von sich, setzte sich an den Tisch, nahm eine Tasse und genehmigte sich einen kräftigen Schluck, während er immer noch Zeitung las.

 

„Nett von dir“, bedankte sich Axton, der sich nun auch an den Tisch setzte und eine Tasse an sich heranzog.

 

„Die nächste Stadt befindet sich auch nur ungefähr eine Stunde entfernt von hier“, erklärte Axton. „Ich würde dir auch raten, dort nach deinen Freunden zu suchen.“

 

„Wird wohl besser so sein“, gestand sich Ginta leise und nahm einen kleinen Schluck Kaffee.

 

Er schmeckte so bitter. Vorsichtig schob er die Tasse wieder von sich weg.

 

„Außerdem können wir dort auch jemand anderen um Hilfe bitten. Der Absturz des Luftschiffes war bestimmt nicht unauffällig genug, dass keiner es mitbekommen konnte.“

 

„Das stimmt...“, warf Jumon ein und legte die Zeitung auf den Tisch. „Schaut euch das an.“

 

Er deutete mit seinem Zeigefinger auf einen Artikel.

 

„Fenya hat Bericht erstattet. Die lokalen Nachrichten sind voll von Meldungen von angeblichen Augenzeugen und so einen Kram. Hier. Die ganze Seite ist voll davon...“

 

„Tatsache...“, murmelte Axton.

 

„Oh, seid ihr schon zurück?“, grüßte Denji und setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Na, wart ihr erfolgreich?“

 

Ginta schüttelte den Kopf. „Selbst nach dem vierten Mal ausfahren, haben wir keine Spur der Zwei gefunden. Weder persönliche Gegenstände auf dem Meeresgrund noch sonst etwas...“

 

„Was für eine Scheiße“, gab Denji zu und lugte auf die Tasse Kaffee, die in Gintas Nähe stand.

 

Ginta schob die Tasse behutsam, so dass nichts überschwappen konnte, zu Denji.

 

„Danke“, grinste Denji und nahm einen herzhaften Schluck Kaffee. „Was ist jetzt dein Plan, Ginta?“

 

„Ich denke, es ist gut, wenn wir in die nächste Stadt gehen“, gab er zu und ließ einen kurzen Seufzer los. Ihm blieb doch nichts anderes mehr übrig.

 

„Ist wirklich die bessere Idee“, meinte Matra und setzte ihre Tasse ab. „Wir werden sie schon finden, keine Sorge!“

 

„Danke Leute“, bedankte sich Ginta und stand auf. „Ich hol dann mal Tsuru...“

 

 

 

Einige Zeit später, nachdem sie sich von Axton Cryl verabschiedet hatten, befanden sich die Freunde schon auf dem Weg in die nächste Stadt. Stets mit der Hoffnung im Herzen, Sayoko und Shiana doch noch zu finden.

 

Ginta lief voraus. Er hatte es eilig.

 

„Sagt mal. Wohin gehen wir eigentlich, wenn wir Shiana und Sayoko gefunden haben?“, fragte Tsuru, die mal wieder den Luxus hatte, von Kûosa getragen zu werden.

 

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht“, gestand Jumon, der neben ihr lief.

 

„Wollten wir nicht zum Hauptquartier der Shal?“, seufzte Matra.

 

„Wir wissen doch nicht mal, wo das ist...“, murmelte Denji.

 

„Aber vielleicht weiß es einer dieser Vastus Antishal Leute“, bemerkte Jumon.

 

„Das stimmt, die sollten uns weiterhelfen... Wartet, dieser Riven Kire oder wie der heißt, der hatte doch mit uns gekämpft, richtig. Wohin ist der eigentlich verschwunden?“, fragte Matra.

 

Denji zuckte mit den Schultern.

 

„Wie könnten wir überhaupt Kontakt mit ihm aufbauen?“, seufzte Jumon. „Ich meine, wir können ihm nicht einfach einen Brief schreiben und er antwortet dann.“

 

„Stimmt“, stellte Denji fest.

 

Auf einmal sprang Myu aus Gintas Tasche und fauchte.

 

„Was ist los, Myu?“, wunderte sich Ginta, drehte sich um und bückte sich zu ihr hinunter. „Also wirklich, für so etwas haben wir keine Zeit, wir müssen Shiana und Sayoko suchen.“

 

Er versuchte sie hochzuheben, doch sie wehrte sich, in dem sie ihre Pfote nach vorne schnallen ließ um ihn zu kratzen.

 

„Autsch, was soll das!? Myu!“, schimpfte Ginta.

 

„Ginta!“, rief Matra plötzlich. Ginta verstand nicht wirklich und merkte nur einen Luftzug neben seinem Gesicht. Er rollte sich zur Seite und stand auf.

 

Shal!

 

Ginta zog seine Waffe.

 

„Was wollt ihr denn schon wieder!?“, brüllte er aufgebracht.

 

„Wir wollen das Mädchen!“, entgegnete ein großer mit einer tiefen Stimme.

 

„Lasst sie endlich in Ruhe!“, forderte Ginta und stürmte auf seinen Feind zu.

 

Der Shal war jedoch nicht alleine. Im nächsten Moment sprangen dreißig andere Shal aus dem Gebüsch. Alle hielten bedrohlich ihre Waffe auf Ginta gerichtet.

 

„Euch zeigen wir‘s schon!“, rief Denji und zog aus seiner Tasche seine Tigerkrallen.

 

„Kümmere du dich um Tsuru, klar?“, bat Matra Jumon.

 

Jumon nickte und fing an, sich zu konzentrieren. Für den Fall der Fälle bräuchte er Unterstützung von den Geistern in dieser Gegend.

 

Matra schnappte sich ihre Äxte und stürmte zusammen mit Denji in die Mitte des Geschehens. Der Kampf konnte nun beginnen.

 

Einige Shal, mit Messern bewaffnet, stürzten sich auf Ginta, der alle Mühe damit hatte, ihre Angriffe mit seinem Kesobou abzublocken. Denji konnte einige andere Shal, die mit Schlagstöcken und Schlagringen bewaffnet waren, daran hindern in Tsurus Nähe zu gelangen.

 

Matra hatte wohl den schlimmsten Gegner erwischt. Der größte der Truppe stand ihr gegenüber und schwang einen kleinen, aber doch sehr gefährlich wirkenden Morgenstern vor seinem Körper herum.

 

Matra schluckte erst schwer, weil sie so beeindruckt von ihrem Gegner war. Dann fasste sie sich aber und ließ erstmal ihre Äxte um ihre Hände herum wirbeln. Was er konnte, das konnte sie auch.

 

Doch ihr Gegenüber grinste nur und ließ dann plötzlich ein so lautes Brüllen los, dass Tsuru schon das Gefühl hatte, dass die Erde bebte. Einige Vögel flohen aus den Baumwipfeln in den Himmel.

 

Der Kerl holte aus und schwang seinen Morgenstern in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit auf Matra, dass sie gerade noch so ausweichen konnte. Ein Stachel streifte ihren rechten Oberarm und kratzte eine blutige Wunde hinein.

 

Nun hielt sie ihre Äxte fest in ihren Händen, machte eine Rolle vorwärts, um durch die riesigen Beine des Gegners zu rollen und ihn dann von hinten Schläge mit ihren Äxten zu verpassen. Seine Kleidung riss zwar auf und Matra sah auch, wie das Blut anfing zu fließen, aber es hatte den Anschein, dass dieser Angriff diesem Monster nichts anhaben konnte. Im Gegenteil ließ er sich davon so antreiben, dass er nun auf Jumon, Tsuru und Kûosa stürmte.

 

„Jumon!“, schrie Matra in dem Moment, in dem sie es bemerkte.

 

Der Kerl schnaubte. Seine Schritte bebten in der Erde. Kurz bevor er mit seinem Morgenstern wieder ausholen konnte, um Jumon zu treffen, stieß Jumon seine Arme nach vorne.

 

„Pass auf!“, brüllte Matra, musste aber selbst auf sich aufpassen, da drei andere Shal sie nun angriffen.

 

Der große Shal hielt aber plötzlich in seiner Bewegung inne.

 

„Kûosa...“, presste Jumon aus sich heraus, der sich wirklich anstrengen musste den Gegner so gefrieren zu lassen, „hilf mir doch bitte mal.“

 

Kûosa hörte auf Jumon. Vorsichtig setzte er Tsuru hinter sich ab, ging noch einmal sicher ob ein anderer Shal sich nicht irgendwo versteckt hielt und griff dann den festgefrorenen Kerl an.

 

Ginta und Denji kämpften mittlerweile zusammen gegen eine Gruppe von Shal, die ebenfalls mit Klingenwaffen kämpften.

 

„Lasst Tsuru endlich in Ruhe!“, forderte Ginta.

 

„Wir brauchen sie für unseren Plan“, lachte einer der Shal in einer fiesen Tonlage.

 

Denji griff an, er stach mit seinen Tigerkrallen direkt in den Magen dieses Shals. Blitze funkten aus der Wunde heraus. Dann fiel der Körper schlapp zu Boden.

 

„Ha, ich wusste gar nicht, dass ich das kann!“, stellte Denji mit erstaunen fest.

 

„Dann zeig ich dir mal, was ich kann“, murmelte Ginta und konzentrierte sich. Er zog die Klinge seiner Waffe am Boden entlang und zog die dann mit einem Mal nach oben, wodurch ein so starker Windstoß entstand, dass einige der Shal gegen die Bäume in der Nähe geschleudert wurden.

 

„Stark, stark“, grinste Denji und kümmerte sich nun um den Rest der umstehenden Feinde.

 

Matra schaffte es mittlerweile, ihre Gegner in die Flucht zu schlagen.

 

„Das habt ihr davon...“, schnaufte sie. Dann tastete sie vorsichtig ihre Wunde ab. Es brannte.

 

„Keine Zeit dafür...“, murmelte sie und wandte sich nun zu dem Kerl mit dem Morgenstern.

 

Sie schwang ihre Äxte und fügte dem Kerl, der immer noch durch Jumons Kräfte gefroren war, einige Schnittwunden zu.

 

Es dauerte nicht lange, da kamen Ginta und Denji nun auch zu den anderen.

 

„Leute, ich kann ihn nicht länger halten“, zitterte Jumon.

 

„Lass los, wir kümmern uns schon um ihn“, meinte Denji, der seine Tigerkrallen auf den Gegner gerichtet hatte. Kleine Blitze sprangen von Klinge zu Klinge.

 

Jumon ließ seine Arme sinken. Der Kerl mit dem Morgenstern bewegte sich wieder. Erst ganz langsam. Dann sackte er zu Boden. Blut floss aus seinem Mund.

 

„Das waren wohl zu viele Wunden, diesmal, mh?“, gab Matra von sich und steckte ihre Äxte weg. „Geht es dir gut, Tsuru?“

 

Tsuru kam hinter Kûosa hervor.

 

„Ja, mir ist nichts passiert“, sagte sie.

 

„Ein Glück.“ Matra seufzte erleichtert auf.

 

„Immer diese Shal“, murmelte Ginta und packte seine Waffe weg.

 

„Wir sollten verschwinden, so lange es geht. Vielleicht kommen sie mit mehr Leuten zurück“, schlug Jumon vor.

 

„Ist wohl besser so...“, meinte Denji.

 

Myu kam nun wieder hinter einem der Bäume hervor. Sie ging zu Ginta, rieb ihren Körper an seinem Bein und hüpfte dann wieder, als wäre nichts passiert, in seine Tasche hinein.

 

„Na, wieder alles okay?“, grinste Ginta und kraulte Myu hinterm Ohr.

 

Jumon räusperte sich. Beim Gedanken daran, wen Ginta da hinter dem Ohr kraulte, musste er versuchen sich einen Kommentar zu verkneifen.

 

Myu blitzte ihn in diesem Moment aber scharf mit ihren Augen an, als hätte sie geahnt, was Jumon in diesem Moment dachte.

 

„Gehen wir?“, fragte Matra und sah sich noch einmal nach potentiellen Gegnern um.

 

Dann machten sich die Freunde wieder auf den Weg zur Stadt.

 

 

 

 

 

In der Stadt angekommen, wussten sie zunächst nicht, wohin sie gehen sollten.

 

„Wo fangen wir jetzt an, zu suchen?“, hakte Denji nach.

 

„Es wäre sinnvoll in den Gasthäusern anzufangen, richtig?“, schlug Jumon vor.

 

„Da schließ ich mich an“, meinte Matra.

 

„Gut, dann klappern wir zunächst alle Gasthäuser ab“, sagte Ginta und führte die Gruppe an.

 

So liefen die Freunde zunächst durch die Straßen, erkundigten sich nach den Gasthäusern und klapperten eines nach dem anderen ab. Die Stadt bot richtig viel. Es gab richtig schäbige Gasthäuser, aus denen sie so schnell wie möglich wieder verschwanden. Dann gab es natürlich auch die richtig noblen Hotels, von denen sie aber nicht glaubten, dass Sayoko und Shiana dort übernachteten – so geizig wie Sayoko immer war.

 

Doch die Suche war erfolglos. Nirgends gab es auch nur eine geringe Spur der Mädchen.

 

Erschöpft ließen sich die Freunde auf einer Bank in einem kleinen Park nieder.

 

„Und was machen wir jetzt?“, seufzte Ginta.

 

„Wir sollten woanders weitersuchen“, gab Denji als Antwort. Er nahm eine Wasserflasche aus seiner Tasche und nahm einen kräftigen Schluck davon.

 

„Ich will nicht mehr!“, beschwerte sich Tsuru mit ihrer quietischigen Stimme. „Kûosa ist auch schon ganz müde...“

 

„Sie müssen hier doch irgendwo sein...“, murmelte Ginta, „Das weiß ich.“

 

 

 

Etwas zuvor befand sich eine andere Gruppe gerade dabei, die Stadt nach ihren Freunden zu durchkämmen.

 

„Es wäre wohl sinnvoll, wenn wir in den Gasthäusern nachfragen. Sie werden sich sicher dort quartiert haben“, gab Sayoko von sich und überprüfte die Karte der Stadt, die am Rathaus hing, nach Gasthäusern.

 

„Macht Sinn“, sagte Oto und lehnte sich an Ama. „Meinst du, wir finden sie?“

 

„Sicher“, bestätigte Ama.

 

„Keine Sorge! Die Gruppe ist so auffällig, das wird schon!“, lachte Ryoma.

 

„Apropos...“, fiel es Sayoko plötzlich ein. „Ach, ihr werdet schon sehen!“

 

Sie grinste plötzlich fies.

 

„Meinst du nicht etwa...“, fing Shiana an, wurde von Sayoko dann aber unterbrochen.

 

„Ja, genau das... Keine Sorge!“ Sayoko freute sich schon auf den Moment, in dem die drei Kûosa gegenüberstehen sollten.

 

„Auf geht’s!“, feuerte Ryoma die anderen an und so machten sie sich auf den Weg, dieselben Gasthäuser abzuklappern, die Ginta und ihre Freunde schon zuvor abgeklappert hatten.

 

Und tatsächlich bekamen sie positive Antworten zu hören. Zwar hatten Ginta und die anderen kein Zimmer gebucht, aber sie hatten nach ihnen gefragt, wodurch Ryoma, Shiana, Sayoko, Oto und Ama immer motivierter wurden, nach ihren Freunden zu suchen.

 

 

 

Der Gruppe fiel in der Zwischenzeit nicht auf, dass sie beobachtet wurden.

 

Ein Kerl in einem dunklen Gewand traf sich in einer ruhigen Gasse mit einem seiner Kollegen.

 

„Na, hast du soweit alles erledigt?“, fragte ein Kerl, der sich das Kinn kratzte und gähnte.

 

„Noch nicht ganz“, gab der Andere von sich.

 

„Was planst du jetzt? Soll ich den anderen Bescheid geben?“

 

„Es wird Zeit, dass Ginta auf seine Freunde trifft. Ginta ist zusammen mit dem anderen im Park, statte ihnen doch einen Besuch ab und sag ihnen, dass seine Freunde in der Stadt sind. Sie werden sich dann von alleine helfen. Außerdem ist Gintas Wille die Shal zu zerschlagen gerade so stark, dass er das schon machen wird. Ryoma kennt das Hauptquartier, er wird sie dort hinführen. Wir müssen nur darauf aufpassen, dass die Maschinen nicht funktionieren. Das kannst du den Anderen mitgeben. Ich werde darauf achten, dass der Weg für die Freunde so frei wie möglich ist. Sag ihnen, dass sie sich wappnen sollen. Es könnte unsere letzte Schlacht werden.“

 

„Geht klar, Boss“, meinte der Kerl und ging los um Ginta zu suchen.

 

 

 

Ginta nahm sich nun auch etwas zu trinken.

 

„Oh, wer ist denn das“, gab Jumon von sich und deute auf eine Person die in ihre Richtung lief.

 

„Den kennen wir doch“, sagte Matra leise.

 

„Ah! Endlich habe ich auch gefunden!“, begrüßte Hakashi Shu-Yuen die Freunde.

 

„Was machst du denn hier?“, hakte Denji nach.

 

„Ich war auf der Suche nach euch. Ihr wisst ja, wir Vastus Antishal helfen euch immer gerne“, er blinzelte Ginta zu.

 

„Was ist denn los?“, wunderte er sich.

 

„Deine Freunde sind hier in der Stadt und suchen nach euch“, erklärte Hakashi und kratze sich am Nacken.

 

„Sie sind hier!?“, brach es aus Ginta heraus. Er stellte sich auf und ging einen Schritt auf Hakashi zu.

 

„Wo sind sie!? Kannst du mir das sagen?“

 

„Sie sind hier irgendwo, aber ich weiß gerade nicht genau, wo, ihr müsste einfach selbst suchen“, grinste Hakashi unschuldig.

 

„Leute los geht’s! Wir müssen sie finden“, stachelte Ginta seine Freunde an.

 

„Okay okay, hetz nicht so“, meinte Jumon packte seine Sachen wieder in die Tasche.

 

„Danke für die Hilfe“, bedankte sich Matra.

 

„Kein Problem. Ihr findet sie schon. Man sieht sich!“, verabschiedete sich Hakashi und ging einfach weiter.

 

„Los los los!“, hetzte Ginta und ging in einem rasanten Schritttempo los.

 

So liefen die Freunde durch die Straßen der Stadt, während Ginta nach Shiana und Sayoko rief.

 

 

 

In der Zwischenzeit stattete der Typ in den dunklen Klamotten Ryoma, Sayoko, Shiana, Oto und Ama einen kleinen Besuch ab.

 

„Riven Kire? Was machst du hier?“, wunderte sich Sayoko. „Was ist mit dir passiert seid dem Absturz?“

 

„Ach der Absturz...“, gab er von sich als wäre es nichts Besonderes gewesen. „An so etwas gewöhnt man sich, wenn man die Missionen sabotiert.“

 

„Was machst du hier?“

 

„Ich bin hier um euch etwas zu sagen. Ginta und die Anderen sind hier. Sie suchen nach euch. Ich habe noch eine andere Nachricht. Für dich Ryoma. Ich weiß, dass du die Gruppe zum Hauptquartier führen kannst. Aber gib Acht, ja? Das Hauptquartier ist immer noch eine Nummer zu groß für euch...“

 

„Wir schaffen das schon“, meinte Ryoma nur.

 

„Nun, ich muss wieder gehen... Macht euch lieber mal auf die Suche nach euren Freunden.“

 

So verabschiedete sich auch Riven und machte sich wieder auf seinen Weg.

 

„So ist das also. Sie sind hier. Dann sollten wir besser mal los!“, fügte Oto hinzu. Nun machten sie sich auch auf den Weg durch die Straßen der Stadt.

 

 

 

Auf einer Straße am Rande der Stadt, auf der nicht viel los war, trafen sie aufeinander.

 

Ginta blieb zitternd stehen, als Shiana, Sayoko, Ryoma, Oto und Ama plötzlich vor ihm standen.

 

„L... Leute...“, stotterte er.

 

„So sieht man sich endlich wieder“, begrüßte Matra die anderen.

 

Sayoko grinste.

 

„Es geht euch also gut“, bemerkte sie.

 

„Ihr seid am Leben...“, murmelte Ginta. Seine Beine fühlten sich so weich an. Am liebsten wollte er sich nun auf den Boden absinken lassen.

 

Er tat es. Mit einem Plumps saß er auf dem Boden.

 

„Ich habe mir solche Sorgen um euch gemacht! Und... und dann kommt ihr und bringt Oto, Ryoma und Ama mit... Leute... was macht ihr hier...“

 

„Schön dich zu sehen, Ginta“, grüßte Ryoma und half Ginta wieder auf die Beine.

 

Oto umarmte ihn kräftig. „Meine Güte, wie ich dich vermisst habe!“ Sie musste grinsen.

 

Ama schenkte Ginta zum Gruß auch ein Lächeln.

 

„Und wer ist das hier?“, wunderte sich Ryoma, der ziemlich beeindruckt von Kûosa war.

 

„Ist das ein flauschiger Bär!“, stieß es aus Oto. Sie musste ihn jetzt einfach anfassen. Also kam sie dem Hasenbären näher und streichelte seinen Bauch.

 

„Das ist Kûosa!“, erklärte Tsuru stolz.

 

„Ich bin Oto, schön dich kennenzulernen“, grinste sie und schüttelte dem Mädchen die Hand.

 

„Mein Name ist Tsuru“, erklärte Tsuru.

 

„Ich bin Matra“, stellte sich Matra kurz vor.

 

„Und mein Name ist Denji. Schön euch kennenzulernen!“

 

„Du hast aber viele neue Freunde kennengelernt“, grinste Ryoma.

 

„Ja.. ich weiß“, meinte Ginta nur.

 

„Aber Ryoma, sag mal… Was machst du in diesen Klamotten?“, wunderte sich Ginta. Im Moment der Freude über das Treffen seiner Freunde erkannte er gar nicht, dass dies das Outfit der Shal war.

 

„Das ist eine richtig lange Geschichte“, seufzte Ryoma.

 

„Es ist besser, wenn wir uns irgendwo ein Zimmer nehmen und dann über alles reden, richtig?“, schlug Sayoko vor.

 

„Wird wohl das Beste sein“, stimmte Jumon zu.

 

„Okay, gehen wir mal los...“, meinte Ginta. Er war so glücklich darüber, seine Freunde wieder zu sehen. Vor allem auch, weil es ihnen gut ging. Jetzt waren sie wieder zusammen. Ginta hatte so lange auf diesen Moment gewartet.

 

Kapitel 75 – Aufbruchstimmung

 

 

 

Die Sonne war schon am untergehen, als es sich die Freunde in einem Gasthaus gemütlich machten.

 

„Was habt ihr denn so gemacht?“, stieß es aus der neugierigen Oto heraus wie ein sprudelnder Wasserfall.

 

„Wir haben wirklich viel erlebt“, meinte Ginta, der sich immer noch richtig über das Wiedersehen freute. „Da war zum Beispiel dieser Sumpf, in dem wir auf Tsuru trafen.“

 

„Apropos, könnt ihr mir erklären, wieso sie mit euch gekommen ist?“

 

Sayoko ging in diesem Moment sicher, dass Tsuru nicht mithören konnte, worüber sie redeten. Glücklicherweise war die Kleine gerade gut damit beschäftigt, mit Kûosa zu spielen.

 

„Wir haben sie mit uns genommen, weil die Shal hinter ihr her sind.“

 

„Erst kurz bevor wir in diese Stadt kamen, wurden wir deswegen wieder von ihnen angegriffen“, warf Jumon ein.

 

„Ihr müsst wissen, dass sie eine spezielle Fähigkeit hat“, erläuterte Sayoko weiter, „Ihr seht doch Kûosa, richtig?“

 

Oto, Ryoma und Ama nickten.

 

„Er wurde durch ihre Fähigkeiten mit einem Stoffhasen vereinigt, weswegen er jetzt so aussieht.“

 

Oto schluckte.

 

„Sie kann also Dinge vereinigen?“, wiederholte Ryoma die Worte zum besseren Verständnis.

 

„Richtig“, antwortete Ginta.

 

„Dann möchte ich aber gleich auch wissen, wieso ihr mitgekommen seid“, fragte Ryoma weiter und richtete seinen Blick auf Matra und Denji, die zufälligerweise nebeneinander saßen.

 

„Ich bin zu der Gruppe in meiner Heimatstadt zugestoßen. Mir war einfach langweilig, wollte Abenteuer erleben und einfach raus aus diesem trostlosen Alltag“, erklärte Denji.

 

Bei dem Wort Abenteuer musste Ryoma grinsen. Tatsächlich war es ein riesiges Abenteuer, mit Ginta und auf Reisen zu sein.

 

„Und du, Matra?“, hakte Oto nach.

 

„Die Shal sind in mein Heimatdorf eingedrungen und haben es unserem Heiligtum und mich meiner besten Freundin beraubt.“, antwortete Matra kühl. „Wir haben nur ein gemeinsames Ziel. Mehr nicht...“

 

Matra spürte, wie sich Gintas Blick plötzlich veränderte. Ob er enttäuscht war von der Antwort? Sie wusste selbst, dass ihre Beweggründe so nicht mehr ganz stimmen konnten. Irgendwie hatte sie die anderen in ihr Herz geschlossen. Es war doch viel netter mit ihnen zu reisen, als sie es anfangs empfunden hatte. Alle waren so lieb zu ihr und wollten ihr helfen. Das schätzte sie sehr, konnte es aber noch nicht wirklich zum Ausdruck bringen.

 

Matra wurde leicht rot, konnte es aber gut verstecken. Sie mochte die Freunde, das stand für sie fest.

 

Nur Sayoko bemerkte ihr Verhalten, das irgendwie auffälliger war als sonst. Sie fand, dass Matra wirklich etwas undurchsichtig war. Klar hatte das seine Vorteile, aber irgendwie konnte sie sich nicht sicher sein, ob sie Matra nun vertrauen konnte oder nicht. Vielleicht hatte Sayoko nur angst darum, dass Matra sich doch noch gegen Ginta stellen könnte. Richtig einschätzen wie Matra sich gegenüber ihrer Freundin – der Verräterin – verhalten würde, konnte sie nicht. Aber vielleicht machte sie sich auch nur zu viele Sorgen.

 

„Ihr habt euch aber auch noch nicht richtig vorgestellt“, bemerkte Denji.

 

„Also ich bin Oto, wir ihr ja schon wisst. Ich habe Ginta und Ryoma damals in meiner Heimatstadt getroffen, nachdem sie mich von einer kleinen Geiselnahme befreit hatten. Nun ja, da ich sowieso plante nach Yofu-Shiti zu reisen, um dort meine Ausbildung als Ärztin anzufangen, begleiteten mich die zwei Jungs. Seitdem habe ich sie eben nicht mehr gesehen.“

 

„Nachdem ich die drei getroffen hatte, bin ich ihnen nach gereist“, fing Ama an, „In Yofu-Shiti bin ich dann bei Oto geblieben und seither nicht mehr von ihrer Seite gewichen.“

 

Oto grinste, beugte sich dann zu Ama und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

 

„Ich habe Ginta schon vor allen anderen hier kennengelernt. Ich war so hungrig auf Abenteuer, dass ich ihm einfach folgen musste“, lachte Ryoma und klopfte Ginta auf seine Schulter, der dadurch etwas rot wurde, aber nur, weil es ihm peinlich war.

 

„Wie habt ihr eigentlich die ganze Zeit verbracht?“, wollte Ginta wissen, „Und wieso seid ihr hier her gekommen? Vor allem du, Ryoma...“

 

Ryoma sah Oto und Ama nachdenklich an. Die beiden nickten ihm zu.

 

„Okay, Ginta das war so...“, fing Ryoma an zu erzählen. Er erzählte den Freunden alles über den Schmied, seinen Vater und die ganzen Fragen die in ihm aufgekommen waren. Dann erzählte er ihnen von dem Entschluss Nachforschungen zu betreiben und wie er es schaffte, die Shal zu infiltrieren und wie er an die geheimen Dokumente gekommen ist. Darüber hinaus erfuhren Ginta und die Anderen über Ryomas, Otos und Amas erste Begegnung mit den Vastus Antishal und wie die drei zu sich gefunden hatten.

 

„Dann war das also dasselbe, wie mit Riven Kire...“, murmelte Ginta vor sich hin, der langsam verstand wieso sich Riven Kire den Shal angeschlossen hatte. Durch Ryomas Geschichten konnte er das ganze nun etwas besser verstehen.

 

Jumon und Sayoko verstanden Ryomas Verhalten aber nun auch besser.

 

„Danke übrigens, dass ihr uns gerettet habt“, bedankte sich Shiana leise, die mal wieder kaum auffiel.

 

„Haben wir doch gerne gemacht“, grinste Oto.

 

„Wobei Riven ja die meiste Arbeit hatte...“, entgegnete Ryoma.

 

„Stimmt auch wieder“, gab Sayoko von sich, die von den Dreien ja schon gehört hatte, wie sie und Shiana gerettet wurde.

 

„Und was ist bei euch sonst passiert?“, wollte Oto wissen.

 

„Ach, da gibt es einiges zu erzählen!“, fing Ginta an.

 

Das stimmte. Sie hatten seitdem sie das Med-Dorf verlassen hatten, wirklich viel erlebt. Ginta erinnerte sich an das Ex-Shal Mitglied, das sie getroffen hatten. Er erzählte ihnen von dem Labyrinth in dem Bergbau, den Sumpf, in dem sie auf Tsuru gestoßen waren und von den anderen Dingen, die sie erlebt hatten. Da war ja noch das Turnier in dem sie gekämpft hatten.

 

„Wirklich? Kapitän Sendo hatte wirklich einen Zwillingsbruder?!“, staunte Oto, die es dem Schiffskapitän nicht zugetraut hätte, einen Zwillingsbruder zu haben.

 

„Ja, aber stell dir mal vor, er sah ihm gar nicht ähnlich. Er war viel muskulöser!“, erklärte Ginta.

 

„Und wir sind dann ja auch noch auf die Schwester gestoßen, die uns mit dem Luftschiff zum Freizeitpark geflogen hat“, fügte Jumon hinzu.

 

„Ein Freizeitpark!? Warum habt ihr nicht früher Bescheid gesagt? Ama und ich wären liebend gerne mitgekommen!“

 

„Freizeitpark!?“, quietschte Tsuru, „Fahren wir wieder dort hin?“

 

Ihre Augen strahlten wie die hellsten Sterne in der Nacht.

 

Denji hingegen schoss das Wasser wieder in die Augen. Bei dem Gedanken, wieder in den Freizeitpark zu fahren, schlug sein Herz schon schneller.  „Ich will dort auch wieder hin!“, heulte er seinen Freunden die Ohren voll.

 

„Das können wir ja auch noch nachholen“, tröstete Sayoko Denji.

 

„Wirklich?“ Seine Augen strahlten auf einmal genauso stark wie die von Tsuru.

 

Dann erzählte Ginta noch von der Wüste und wie sie auf die Insel verschleppt wurden und Yuu kennengelernt hatten. Dann erzählte er ihnen von den ganzen Mitglieder der Vastus Antishal, die sie herausgefordert hatten.

 

Die Freunde erfreuten sich über die Geschichten, die teilweise ja auch richtig lustig waren. Sie genossen es einfach wieder beisammen zu sein.

 

 

 

Nach nicht allzu langer Zeit brach dann jedoch eine etwas ernstere Stimmung an.

 

„Ginta... du hast fast dein Ziel erreicht“, meinte Ryoma plötzlich.

 

„Wie meinst du das?“, fragte Ginta der nun etwas verwirrt war.

 

„Das Hauptquartier der Shal. Es befindet sich ganz in der Nähe.“

 

„Wirklich?!“, stieß es aus Ginta heraus.

 

Das konnte er kaum glauben. Jetzt war er so lange auf Reisen und dann, ja dann war es endlich so weit und er war seinem Ziel näher denn je. Endlich konnte er gegen den Boss der Shal antreten und ihn vernichten. Nicht nur wegen seiner persönlichen Rache, sondern auch all den Menschen gegenüber denen Böses von den Shal widerfahren war.

 

Oto holte aus ihrer Tasche eine Karte heraus.

 

„Wie du siehst“, erklärte sie, „befinden wir uns hier.“

 

Oto fuhr mit dem Finger auf der Karte entlang bis sie auf einer Stadt ankam.

 

„Wir sind nämlich vorher diese Route gelaufen“, unterbrach sie Sayoko, die mit dem Finger eine Linie abfuhr um es den anderen zu verdeutlichen.

 

„Hier ungefähr befindet sich das Hauptquartier“, meinte Ryoma während er ebenfalls auf die Karte zeigte und ein Feld in der Nähe der Stadt mit Kreisbewegungen seines Zeigefingers markierte.

 

„Dann sind wir ja wirklich recht in der Nähe...“, meinte Ginta und stand auf.

 

„Was machst du da?“, wunderte sich Jumon.

 

„Was denn wohl, den Shal eine gehörige Abreibung verpassen!“

 

„Setze dich wieder hin!“, meinte Ryoma und zog ihn auf den Boden, „Man kann nicht einfach dort hinein stürmen und denken, dass man so leicht die ganze Organisation ausschalten kann!“

 

„Aber...“, murmelte Ginta.

 

„Nichts aber. Ryoma hat recht“, meinte Sayoko. „Glaubst du wirklich, das ist so einfach?“

 

„Ich dachte nur...“

 

„Das war dein Fehler, du hast nämlich nicht darüber nachgedacht“, wandte sich nun auch Matra zu Wort.

 

„Ich war schon einmal im Hauptquartier“, erklärte Ryoma, „Ich weiß wie es dort drinnen aussieht und ich habe schon einen Plan.“

 

„Einen Plan? Das ist super“, lächelte Denji.

 

„So leicht wird das aber nicht“, gestand Ama, der bis jetzt auch eher still geblieben war.

 

„Was hast du denn geplant?“, fragte sich Jumon und überließ Ryoma wieder das Wort.

 

„Es ist ganz einfach“, fing er an, „Der Boss befindet sich meistens im obersten Geschoss des Gebäudes. Aber nur die sogenannten Monarchen haben Zugriff zu den Toren zum Obergeschoss. Jetzt ist es aber so, dass im dritten Untergeschoss sich die Sicherheitsanlage befindet, in der auch ein Notschlüssel für die obersten Etagen befindet. Wenn wir es schaffen uns bis zum untersten Geschoss durchzukämpfen, die Sicherheitssysteme auszuschalten und uns den Schlüssel zu schnappen, müssen wir uns nur noch nach oben kämpfen.“

 

„Ist es nicht sinnlos uns erst nach unten zu kämpfen um dann die Sicherheitssysteme lahmzulegen, wenn wir vorher schon von den Shal angegriffen werden?“, wunderte sich Sayoko.

 

„Eigentlich schon“, fuhr Ryoma fort, „Deswegen hat sich Oto ausgedacht, dass wir uns alle die Shal-Uniform überzuziehen, bis wir dort angelangt sind. Dann vermeiden wir die ersten Kämpfe.“

 

„Werden die Shal dort drinnen nicht sorgfältigst untersucht?“, wandte Jumon ein.

 

„Nein. Da die Sicherheitsanlagen sowieso verhindern, dass sich irgendwer in den geheimen Bereichen aufhält, gibt es deswegen bei der Eingangskontrolle weniger scharfe Wachen.“

 

„Wie blöd sind die Shal denn überhaupt?“, murmelte Matra.

 

„Tja, anscheinend sehr, nicht wahr?“, lachte Denji. „Das macht es doch auf jeden Fall leichter für uns.“

 

Ginta dachte viel über den Plan nach. Es klang eigentlich wirklich plausibel, zumal er Ryoma in solchen Angelegenheiten wirklich vertrauen konnte. Er hatte Erfahrung und wusste schon, was er zu tun hatte.

 

„Shiana“, meinte Ginta plötzlich.

 

„Was ist, Ginta?“, antwortete sie ihm.

 

„Ich möchte dass du hier mit Tsuru bleibst und auf sie aufpasst.“

 

„Wirklich?“, murmelte sie.

 

„Eigentlich will ich, das ihr alle hier bleibt...“, seufzte Ginta und sah seine Freunde an, „Es ist nett, dass ihr mit mir bis hier her gekommen seid. Aber ich will euch nicht in Gefahr bringen. Deswegen bitte ich euch, hier zu bleiben.“

 

Ryoma lachte.

 

„Das glaubst du wohl selbst kaum! Jetzt hab ich mir schon so viel Mühe gegeben, jetzt werde ich mit dir durch diesen Kampf ziehen!“

 

„Ich lass dich auch nicht im Stich“, lächelte Oto und Ama sah ihn auch entschlossen an.

 

„Den Shal muss ein Ende gesetzt werden“, meinte Jumon.

 

„Wir helfen dir auf jeden Fall Ginta, auch für die gesamte Menschheit“, erklärte Sayoko.

 

„Das wird sicher ein grandioses Abenteuer!“, grinste Denji.

 

„Vernichten wir die Shal“, murmelte Matra vor sich hin.

 

„Denen treten wir in den Arsch!“, prahlte Tsuru und ballte ihre Faust.

 

Shiana stand auf. Sie spürte plötzlich ein starkes Pochen in ihrer Brust. „Ginta, ich muss dich begleiten“, erklärte sie ohne weitere Erläuterungen.

 

Sie wusste nicht wieso sie es so dringend musste, aber sie wollte unbedingt die Antworten auf ihre Fragen. Sie wusste immer noch nicht, wo ihr Tagebuch steckte und warum Gintas Name im Tagebuch zu gewesen war. Sie wusste einfach nicht, was sie hier überhaupt machte. Aber sie war sich sicher, dass sie Antworten auf all das erhalten würde, bliebe sie nur an Gintas Seite.

 

„Gut...“, schluckte Ginta. Anhand seiner Stimme konnte man hören, wie ergriffen er von der Hilfsbereitschaft seiner Freund war. „Wenn ihr alle mitkommen wollt, dann durchstehen wir das eben zusammen! Und müssen umso mehr auf Tsuru aufpassen.“

 

„Auf mich muss man doch nicht aufpassen!“, sträubte sich Tsuru, „Solang Kûosa an meiner Seite ist, passiert mir nichts!“

 

„Na gut“, gab Ginta nach. Die bestätigenden Blicke von Matra und Sayoko versicherten ihm, dass sie schon gut auf Tsuru acht geben würden.

 

 

 

In diesem Moment gab es plötzlich eine enorme Erschütterung, die das Gasthaus ziemlich ins wackeln brachte. Die Freunde hörten plötzlich einen Aufruhr von draußen. Ginta stürmte sofort zum Fenster und sah eine Armee von Shal, die vor dem Gasthaus die Stadt attackierten.

 

„Leute, die Shal!“, rief er und stürmte sofort aus dem Raum. Die Anderen folgten ihm natürlich auf der Stelle.

 

Draußen angekommen begaben sich die Freunde in Stellung. Tsuru blieb mit Shiana und Matra weiter hinten. Die anderen stürmten sofort ins Getümmel und versuchten so gut es ging die Shal zu vertreiben.

 

Ein erbitterter Kampf fing an.