Spontantexte

In dieser Rubrik finden sich per Zufall zusammengewürflte, spontan entstandene Texte ohne großen Sinn oder Zweck.

Sie sind, wie sie sind.

 

Viel Spaß ^^

 

Danke

Das Erdbeermädchen

Die Wolken

Weg war sie

Bedeutungslos

Über sie (26.02.2013)

Regen

Danke“, war das Wort, das ich nie von ihr hörte. Sie war einfach nicht der Typ Mensch gewesen, der es schaffte den Menschen, die es ihrer Ansicht nach verdienten, dieses Wort zu sagen.

Sie war schon immer auf ihre eigene Art dankbar gewesen, wenn sie denn überhaupt einmal Hilfe von anderen Menschen annahm. Ihren Kopf in den Nacken fallen lassend, während sie dabei einen so tiefen Seufzer los ließ, dass ich dachte ihr würde die ganze Luft entweichen, sich die Schläfen reibend, als hätte sie Kopfschmerzen um sich dann wieder nach vorne zu beugen und mir in die Augen zu blicken. Das war ihre Art mir ihre Dankbarkeit zu zeigen. Denn es war ihr Blick und das Schwingen der Luft, das plötzlich dieses eigenartige Magengrummeln hervorruf. Dann wusste ich, dass sie mir „Danke“ sagte.

Das Erdbeermädchen

 

Da saß sie, als ich vorbei, voll bepackt, an dem erdbeerförmigen Stand in Richtung Heimat stolperte. Sie saß und las ein Buch, umgeben von hunderten, vielleicht tausenden Erdbeeren, die in ihrer Farbe nicht schriller hätten sein können, die in ihrem Duft unübertroffen von der sanften Natur, dort lagen. Es sah so aus, als sähe dieses Mädchen in einem Käfig aus süßer Versuchung. Konnte sie widerstehen? Durfte sie überhaupt von ihren Waren Naschen, die sie umgaben wie tausend kleine Männlein und Weiblein auf der Suche nach einer Königin. Ja, sie war ihre Königin geworden, in dem Moment, als ihr strahlendes Lächeln aufging, kurz nachdem sie eine Pause machte, mir in die Augen sah und einfach nur lächelte.

Sie sah so lieblich aus, so lieblich wie das, was sie umgab. Ob ihre Haut genauso zart war, wie das der Erdbeeren? Ob ihre Lippen genauso rot waren, wie die Erdbeeren selbst in einem flammrig süßlich riechendem rot in ihren kleinen Körben lagen?

Mir fiel ein Zettel aus der Hand, ich bückte mich und hob ihn auf, konnte aber währenddessen meinen Blick nicht von diesem hübschen Mädchen lassen. Sie lächelte immer noch und ich nun dazu.

Dann stolperte ich weiter. Ich sah ihr nicht nach, aber ich wusste, dass sie in ihrer riesigen Erdbeere sitzend, mir nachblickte, versuchte durch die Wände ihres Standes noch einen letzten Blick von mir erhaschen zu können. Ich entfernte mich immer mehr von ihr, bis ich dann das Gefühl hatte, dass sie nun weiter las.

Die Wolken zogen sich zu einem dunklen, bedrohlichen Knäuel aus schwarzer Wolle zusammen. Es fing an zu regnen.

Ich setzte mich neben das Licht, das am Fenster stand und schaute hinaus in die Welt, direkt vorbei an dem Haus, das keine zehn Meter von meinem Fenster entfernt war. Es war still. Das Prasseln der dicken Regentropfen hallte nur leise in meinen Gedanken wider. Die schwarzen Wolken bewegten sich rhythmisch zu jedem Tropfen, der auf die Erde fiel. Es wurde getanzt, doch ich war der, der nicht mittanzte.

Gegenüber von mir brannte das Licht. Ich erkannte im wanken vorbeischauen eine Person vor dem Fenster sitzen. Die dicken Tropfen, die vom Himmel fielen, als ginge es um einen Wettbewerb, wer am schnellsten hinunterfiele, ließen mich die Person nur schemenhaft wahrnehmen. Ich bewegte mich etwas zur Seite, damit ich einen besseren Blick durch die Perlen hatte, die an meiner Fensterscheibe hingen. Dann erkannte ich, dass die Person sich bewegte.

Was die Person wohl dachte? Dachte sie über den Regen nach? Über die kühle des Regens, die sie nicht spüren konnte, weil das Licht neben ihr brannte und ihre Haut stark aufscheinen ließ?

Konnte sie ihre Gedanken nicht kontrollieren und dachte im selben Augenblick schon wieder an etwas ganz anderes?

Unruhig rutschte ich hin und her. Neugier flackerte in mir hoch wie das trockene Gras, das dazu benutzt wurde um ein Lagerfeuer zu entfachen.

Die Person bewegte sich.

Wollte sie gehen? Ich wurde immer ungeduldiger und neugieriger. Wie sah sie genau aus? Dann näherte ich mich der Scheibe, um durch die Regentropfen hindurch auch nur für einen Moment einen besseren Blick zu erhaschen.

Ich stieß mit dem Kopf gegen die Glasscheibe. Der Aufschlag unterbrach die Stille und ich wich zurück, fuhr einmal mit meiner Hand über mein Gesicht und konzentrierte mich wieder auf die Person gegenüber.

Ich sah mein Spiegelbild auf der Fensterscheibe. Die Silhouette klärte sich. Ich stand auf und mein Spiegelbild stand auch auf.

Es war nicht der selbe Regen wie damals. Einfach nicht der selbe Regen.

… und weg war sie.

Auf meinem Nachhauseweg ging ich schlapp die Straße entlang. Der Wind, der um meine Ohren wehte, hörte sich in diesem Moment wie eine wunderschöne Melodie an. Diese Melodie, die ich lange nicht mehr so gehört hatte, ließ mich den Lärm des Verkehrs in meiner Umgebung vergessen.

Dicke, blaugraue Wolken schoben sich vor die Sonne. Ab und an gab es Löcher in den Wolken, durch die man den strahlenden, blauen Himmel sehen konnte. Dann schoben sich die Wolken weiter in Richtung Sonne, man konnte sie kaum mehr sehen. Am Ende blieb ein Riss in der blaugrauen Decke, die unter dem Himmel lag und einzelne, unverfärbte Sonnenstrahlen quollen hinaus aus der Dichte der Decke. Die Strahlen schienen in einem so unfassbar starken Licht, dass man hoffte, direkt darunter stehen zu dürfen, um etwas von diesem Glanz abzubekommen.

Der Riss fühlte sich wie eine Narbe an. Eine Narbe, von der man nicht wusste, wann sie verheilen würde und ob sie jemals verheilen würde. Eine Narbe von der man nicht wusste, wodurch sie entstanden war und ob das, was dadurch hinaus trat, gut oder schlecht war. Für mich war es aber eine Narbe der Hoffnung.

Ich bog nach der Brücke rechts in eine Allee ein, deren schwere Baumkronen die Hektik und den Lärm der Stadt verschluckten. Plötzlich war es still.

Dann bog ich wieder ab, in eine kleine Straße. Links neben mir war die kleine Straße und parkende Autos. Rechts neben mir eine Wand aus Efeu, deren Blätter mir alle zuzuwinken schienen und mir sagen wollten „Komm her“. Der Wind wurde wieder etwas stärker und ich hörte wieder die Melodie.

Die Wolken schoben sich nun dichter vor die Sonne und die Schatten der Bäume und Dinge auf den Straßen, verschmolzen nun zu einem gemeinsamen Grau. Einem Grau, das vielleicht traurig zu sein schien, das vielleicht langweilig zu sein schien, was aber eher wie eine Zudecke zu sein schien, die die Welt für einen Augenblick zu beschützen versuchte.

Bald kam ich an diesem Altersheim vorbei, von dem ich nie genau wusste, ob es wirklich eines war. Im Garten saßen einige Frauen und Männer. Sie sahen sich verwirrt um oder genossen die Wärme des Tages. Ein jüngerer Mann saß auf einem Stuhl, stand immer wieder auf, ruderte mit den Armen und saß sich wieder hin. Dabei sprach er immer wieder „Dies... Dies... Dies...“, wobei er das „s“ immer so scharf betonte, dass es schmerzhaft in meinen Ohren klang.

Ein anderer Mann jubelte in einem unregelmäßiges, langem Rhythmus. Worüber er jubelte, wusste ich jedoch nicht.

Ich lief weiter, bis ich endlich Zuhause ankam. Langsam zog ich meinen Schlüssel aus meiner Tasche und zögerte erst, bis ich die Tür aufsperrte. Als ich es tat, bereute ich es in dem Moment, als ich wahrnahm wie einsam ich nun wieder war. Sie war weg.

Bedeutungslos.

Bedeutungslos war es, was ich Tag für Tag tat. Das morgendliche Aufstehen, zur Schule gehen, Arbeiten zu erledigen, den Hausputz machen, Briefe zur Post bringen, für die Fahrschule lernen, Spinnen aus dem Haus jagen, etwas für einen Freund zu erledigen, ja, das war alles irgendwie bedeutungslos.

War das Ziel jener Dinge nicht das Erreichen eines bedeutungslosen Zustandes in einer Gegenwart, die schon längst zu Vergangenheit wurde?

Man hat mir oft gesagt, dass ich nicht mehr in der Vergangenheit leben sollte. Das versuchte ich. Also wandte ich mich an die Gegenwart, ein Moment der schneller verflog als du überhaupt in der Lage warst das zu realisieren. Also lebte ich für die Zukunft.

Und diese war eben bedeutungslos.

An Dinge denken, die erst in einer Stunde sind, erst in einer Woche oder erst in vielen Jahren, was war wirklich der Sinn dahinter? Sich deswegen Stress in die Seele zu schaufeln war wohl kaum produktiv, oder seht ihr das anders?

In diesem Wirr und Warr des Lebens und des Denkens an die Zukunft stellte es sich als schwer heraus, überhaupt etwas zu finden, das einem bedeutete. So viele Dinge sind im Grunde genommen bedeutungslos. Der Grund wieso Menschen überhaupt irgendetwas für andere taten, war einfach der, dass sie irgendeinen Nutzen daraus ziehen konnten, oder so bedeutungslos für sie selbst, dass sie sich pseudomoralische Gründe für ihr Handeln entwickelten, nur um sich für einen Moment der Gegenwart und für einen Hauch der Zukunft – im Grunde genommen auch nur Vergangenheiten – zu rechtfertigen.

Aber allein schon die Rechtfertigung ist so bedeutungslos, weil niemand anderes daran denken würde oder man selbst es durch die Verjährung jener Taten vergessen würde.

Bis hin zum Tode. Und dann wird alles vergessen.

Oder vergeben?

Aber selbst das ist bedeutungslos, weil durch diese Dinge die Taten nicht ungeschehen gemacht werden.

Was Menschen nicht alles tun, um einen Hauch an Bedeutung zu erlangen, einen Hauch von Genugtuung zu spüren oder nur die Illusion daran zu erahnen.

Selbst dieser Text ist im Grunde genommen bedeutungslos.

Darum sagt mir nicht, was ihr davon haltet. Ihr wisst ja wieso...

26.02.2013 - Über Sie

 

Sie stand dort im dunklen Raum und ich ihr gegenüber. Ihre Augen verrieten nichts. Was hatte sie vor? Ihre Lippen, die selbst in dieser Dunkelheit noch rot waren, bewegten sich rhythmisch. Es war weniger ein Sprechen, kein Singen und auch kein Flüstern, sondern ein undefiniertes Tanzen. Sie hörte auf und fixierte mich mit ihren großen, runden Augen. Ihre Haare sträubten sich, es wirkte, als würden sie vibrieren. Doch eigentlich bewegte sie sich nicht. Mir war auf einmal, als hörte ich Musik. Eine leise Stimme, das Klingen von Gitarrensaiten. Dieser Moment hielt so lange an, bis sie, ohne dass man es hätte vorahnen können, ihre linke Hand hob. Die Musik versiegte und meine Augen begannen, komisches Licht zu sehen. Sie hob ihre Hand und fuhr in der Luft einen kleinen Halbkreis ab. Dabei zog die Hand einen farbigen Lichtschweif hinter sich her. Was ging da nur vor? Ihre andere Hand bewegte sich nun auch und zog dabei ganz andere Muster hinter sich her. Ihr Gesicht schien zu leuchten und der Ausdruck veränderte sich. Erst lächelte sie leicht, aber dennoch so, dass ich es als herzlich empfand. Dann kullerte ihr eine Träne über die milchweiße Wange. Es wurden immer mehr Tränen. Allmählich bewegten sich ihre Hände langsamer und kamen ihrem Hals näher. Es verging einige Zeit, bis die Hände vom Hals hinauf zum Kinn und an ihren Wangen hoch zu ihren Augen fuhren. Sie schloss ihre zarten Augen, bevor diese von ihren Händen bedeckt wurden. Die Stille wurde mit einem Schluchzen gefüllt. Dann hörte man sanfte, vorsichtige Schritte. Die Finsternis schluckte sie. Sie war verschwunden.

 

Regen

 

Es war Regen, der mich an diesem Tag überraschte. Ich mag Regen. Nicht so ein Regen, der einen nass macht, wenn man nach draußen geht, sondern ein Regen, der stark wie eine Mauer gegen die Tür drückt, dass man das Haus nicht einmal verlassen möchte. Eine Mauer aus Wasser, die schwer und grau ist und in ihrer Durchsichtigkeit dennoch ein eigenartiges Licht hindurchlässt. An so einem Tag gibt es kein Licht, weil die schweren Wolken keines zulassen. Was ist dann also das Leuchten, das so einen Tag zum Tag macht?

Ich genieße es, an so einem Tag auf der Fensterbank zu sitzen, den Kopf fest an die Scheibe gepresst und den Blick in die Ferne gerichtet. Wobei sich die Ferne hier auf die Häuserdächer deiner Nachbarschaft bezieht.

Kaum ein Mensch traut sich an so einem Tage aus dem Haus und wenn, dann empfindet man Mitleid. Flog da gerade ein Vogel vorbei? Warum ist es nur so kalt?